GUE, Technical Diver 1- Ein Erfahrungsbericht
Ein Artikel von: Lukas Schneider
Mit dem Ziel, die unzähligen Wracks, die bedingt durch zwei Weltkriege unweit im Mittelmeer jenseits von 30 Meter Tiefe liegen, betauchen zu können und vielleicht mal bei einem der vielen GUE-Projekte dort als Supporttaucher aushelfen zu können, war die Entscheidung gefallen: Eine Tech 1-Zertifizierung muss her. Ein passender Kurs im April 2020 in Krnica, Kroatien war schnell gefunden und der bekannte Tauchreiseführer für Wracktaucher „Der Schatz der Adria“ wurde ausführlich studiert (die Kursunterlagen natürlich auch). Leider nahmen die Dinge ihren Lauf und Dank der COVID-19-Pandemie und daraus resultierenden Schwierigkeiten bei der Terminfindung, wurde aus April Juni und aus Krnica wurde Hemmoor. Im dortigen Kreidesee soll es ja auch ein Wrack geben – oder zwei. Die Fahrtzeit von Nürnberg aus war im Vergleich zu Kroatien leider auch nicht weniger und so ging es Mitte Juni los auf eine lange Fahrt Richtung Norden.
Am ersten Tag des Kurses trafen wir uns, also unser Instructor, Henning May, zwei weitere Kursteilnehmer und ich, in unserer Ferienwohnung. Diese diente während des Kurses immer wieder als morgendliche Anlaufstelle für die wegen aktueller Bestimmungen teilweise anderswo untergebrachten Teammitglieder und für die Theorieeinheiten.
So konnten wir dem Trubel am Kreidesee ein wenig entkommen und hatten für die Theorie unsere Ruhe. Wie auch schon damals beim Fundamentals-Kurs begannen wir mit einer kleinen Vorstellungsrunde und sprachen jeweils über unsere Ziele und darüber, was wir uns von dem Kurs erwarteten. Nach ein paar Organisationsabsprachen und einer kleinen Theorieeinheit begannen wir mit den ersten Trockenübungen im Garten der Ferienwohnung. Hierbei lernten wir ausführlich den Umgang mit dem Reel kennen.
Primary-, Secondary Tie-Off sowie verschiedene weitere Tie-Off-Punkte und -Möglichkeiten wurden über den ganzen Garten verlegt, bis wir schließlich am „Wrack“ in Form eines großen Blumenkübels angekommen waren. Jeder durfte mal als „Nummer 1“ die Leine verlegen und wurde entsprechend vom Team unterstützt. Es wurden auch verschiedene mögliche Probleme durchgesprochen, bei denen, je nach Schwere des Problems, das Reel auch mal zurückgelassen oder sogar, als Krönung, via Blind-Exit der Weg zurück zur Shotline gefunden werden musste. Der nette Vermieter der Ferienwohnung, der zum Bewässern der Gartenpflanzen immer wieder über unsere Leine steigen musste, lies sich aber von uns nicht beirren.
Nachdem Henning mit den Trockenübungen zufrieden war, war die Zeit für den ersten Tauchgang gekommen und wir fuhren nach einer kleinen Brotzeit zum Kreidesee. Nach dem Check-In an der Tauchbasis trafen wir uns am Einstieg E1 für die Tauchgangs Besprechung. Das Ziel war es, an einer markanten Stelle auf etwa 10 Meter Tiefe eine Boje zu schießen, diese am Grund zu befestigen, und von dort aus ein Stück Leine mit dem Reel zu legen. Entlang dieser Leine sollten wir nochmal alle im Fundi erlernten Kicks vorführen. Die volle 80 cuft-Stage merkt man hier schon ein bisschen. Außerdem übten wir den S-Drill in der aktuellen COVID-19-Variante, also eine leicht modifizierte Version ohne den gespendeten Atemregler in den Mund zu nehmen. Nachdem das Reel wieder eingeholt war, stiegen wir auf 6 Meter auf und jeder durfte einen Ventil-Drill und einen S-Drill im Freiwasser vorführen. Hierbei war es teilweise auch nötig den S-Drill nebeneinander, also nicht wie normalerweise frontal gegenüber dem Tauchpartner, zu machen, um noch gegen eine gedachte Strömung anschwimmen zu können oder nicht die Shotline aus den Augen zu verlieren. „If you lose the line, you lose the dive“ – das Zitat von Mario Arena bekamen wir während des Kurses mehrfach zu hören. J
Alles lief ganz ordentlich, aber Henning hatte natürlich trotzdem einige Details zu verbessern, und so verließen wir nach ca. 90 Minuten das Wasser. Nach dem gemeinsamen Abendessen folgte noch eine ausführliches Nachbesprechung mit Videoanalyse und dann war der erste Tag auch schon geschafft.
Tag 2
Am zweiten Tag durften wir uns, zunächst wieder bei Trockenübungen, mit den verschiedenen Ventil- und Atemreglerfehlern beschäftigen. Die Lösung des Fehlers baute auf dem im Fundamentals-Kurs gelernten V-Drill auf und lief eigentlich immer nach dem gleichen Schema ab. Dabei gab es entweder reparierbare Probleme, wenn zum Beispiel die erste Stufe nur locker geworden ist, oder nicht reparierbare Probleme. Dementsprechend musste je nach Problem auch die richtige Konsequenz für den Tauchgang gezogen werden.
Die ersten Tauchgänge des Tages liefen ziemlich ähnlich ab: An der uns vom ersten Tag bekannten Stelle hatten wir eine Boje geschossen und platziert, um die Shotline zu simulieren. Von dieser aus sollten wir mit dem Reel Leine verlegen. Während wir uns bemühten, die Tie-Offs sauber und richtig zu legen, bekamen wir immer wieder mit den verschiedensten Problemen zu tun. Neben den schon angesprochenen Ventilfehlern, die sich – simuliert mit einer Luftpistole - dadurch ankündigten, dass man plötzlichen einen Blasenstrom hinter sich im Bereich des Brückenventils hörte, mussten wir auch mal unsere Masken abgeben, hatten mit „kaputten“ Hauptlampen zu kämpfen oder waren Out-Of-Gas. Wenn wir die Leine mal zu lose verlegt oder aufgewickelt hatten, wurde das von Henning auch gerne genutzt, um ein Verfangen in der Leine zu simulieren.
Das zweite Thema des Tages waren Gaswechsel. Einmal vom Rückengas auf die Stage und dann wieder von der Stage auf das Rückengas. Auch hier wurde zunächst wieder bei Trockenübungen alles in Ruhe durchgespielt und das Ganze dann im Wasser angewandt, was dann auch ganz gut geklappt hat. Selbst das Verstauen des Stage-Reglers nach dem Wechsel auf das Rückengas war mit den Tipps von Henning auch ohne Hervorholen der Stage und mit dicken Handschuhe problemlos möglich.
Nach insgesamt vier Tauchgängen am zweiten Tag und viel Wasserzeit gab es auch noch einiges an Theorie zu lernen und so war der Tag wieder gut gefüllt.
Tag 3
Der dritte Tag sollte ganz im Zeichen der Aufstiege stehen. Als erstes gab es wieder eine Trockenübung, bei der wir die Prozedur für den Ausfall einer Deko-Stage lernten. Das noch vorhandene Deko-Gas musste sich entlang der geplanten Stopps entsprechend aufgeteilt und der 6 Meter-Stopp verdoppelt werden.
Beim ersten Tauchgang stiegen wir von 30 Meter bis auf 15 Meter als ersten Stopp auf und durften dann dort und alle drei Meter höher bei jedem Stopp einmal auf die Stage und dann wieder auf das Rückengas wechseln. Henning war hier recht zufrieden und so ging es nach kurzer Nachbesprechung wieder auf Tiefe. Diesmal gab es gleich auch einen Ventilfehler auf 30 Meter zu lösen, was dank der Routine vom Vortag problemlos abgespult wurde. Es folgte der Aufstieg auf 21 Meter und beim Gaswechsel kam was kommen musste: Blasenstrom beim Öffnen der Stage bei einem Teammate. Nach einem kurzen erfolglosen Reparaturversuch konnten wir die vorher gelernte Prozedur für den Ausfall einer Deko-Stage auch im Wasser durchspielen, was uns auch ganz gut gelang. Danach folgte noch ein dritter Tauchgang bei dem wir, wieder im flacheren Wasser, die aus dem Fundi bekannte Rettungsübung kombiniert mit einem kleinen Aufstieg übten. Danach durften wir uns nochmal am Leinelegen mit Reel versuchen – natürlich wieder mit vielen von uns zu lösenden Problemen unterwegs.
Auch am dritten Tag waren wir wieder sehr lange im Wasser, es empfiehlt sich bei dem Kurs also definitiv ein Urinalventil im Anzug zu haben. J
Der Tag endete schließlich mit dem Schwimmtest. Das Hallenbad in Hemmoor hatte praktischerweise seit kurzem wieder geöffnet, also galt es dort einmal 375 Meter in 14 Minuten zu schwimmen und 18 Meter Strecke zu tauchen. Eine kleine Steigerung zum Fundamentals-Schwimmtest, die aber auch trotz pandemiebedingter fehlender Vorbereitung von allen locker zu schaffen war.
Tag 4 – 6: Erfahrungstauchgänge
Für die letzten drei Tage standen Erfahrungstauchgänge mit Trimix auf dem Programm. Die Tauchgänge wurden immer vorab von uns als Team geplant und durchgesprochen. Durch das in den Theorielektionen gelernte Schema bekam man dabei aber ziemlich schnell Routine und, mithilfe des schon aus dem Fundi bekannten und schon hunderte Male angewandten GUE EDGE, das dann durch ein wenig mehr Gas- und Dekoplanung erweitert wurde, dauerte die Planung auch für einen Trimixtauchgang nicht ewig. Besonders praktisch war die pragmatische Deko, eine angepasste Version der im Dekoprogramm errechneten Deko, die es ermöglichte, die ca. 30 Minuten an Stopps auszutauchen, ohne großartig in den Wetnotes blättern zu müssen. Mit der Ratio-Deko als weiterem Tool konnte man dann auch ziemlich einfach die Dekozeit anpassen, wenn man während der Grundzeit zum Beispiel flacher oder tiefer bzw. kürzer oder länger unterwegs war als geplant.
Die Tauchgänge an sich waren ganz ok – für einen See. J Echte Wracks im Meer wären mir natürlich lieber gewesen, aber die Sicht auf Tiefe war echt klasse. Gefühlt waren es wirklich an die 30 Meter, weswegen wir ab und zu Henning hinter uns laut durch seinen Atemregler lachen hören konnten. Dieser ließ uns übrigens auch auf Tiefe nicht in Ruhe und so gab es zum Beispiel auch an der tiefen Treppe unter dem Rüttler Ventilfehler zu lösen oder man war plötzlich an der Betonbombe „Out of gas“ und musste den Aufstieg bis zum Gaswechsel an der Longhose des Tauchpartners machen. Dass sich solche Probleme auch auf Tiefe gut lösen ließen, schaffte echt Selbstvertrauen. Nachdem wir uns den Rüttler angesehen hatten und von der Betonbombe aus das versunkene Flugzeug gesucht hatten – leider erfolglos, da uns der geplante Umkehrdruck hier einen Strich durch die Rechnung machte – waren wir für den tiefen Abschlusstauchgang am Einstieg E5 im tiefen Wald. Wir hatten den Tauchgang zwar für 20 Minuten auf 50 Meter Tiefe geplant, da wir auf dem Rückweg durch die Bäume aber etwas flacher unterwegs waren und daher die Durchschnittstiefe während der Grundzeit insgesamt flacher war, hätten wir noch verlängern können. Aufgrund der Kälte entschieden wir uns aber nach 20 Minuten trotzdem für den Aufstieg, dafür konnten wir die Dekozeit etwas anpassen und verkürzen – was nicht unbedingt nötig war, denn nach dem Aufstieg im Freiwasser entschieden wir uns in Richtung Steilwand zu schwimmen und auf dem 6m-Stopp noch in Ruhe die Gegend im Flachwasser zu erkunden. Nach dem Handshake noch im Wasser (bestanden!) und einer Nachbesprechung, ging es auch schon wieder Richtung Autobahn für die lange Heimreise.
Die erste Erfahrung mit dem tiefen Wracktauchen im Meer habe ich übrigens ziemlich zeitnah bei einer Wrackwoche in Krnica nachgeholt. Die Basis von Maurizio (krnica.com) ist dafür sehr zu empfehlen. Im Vergleich zum Tauchen im See ist das schon eine ganz andere Nummer. Henning hat uns dafür in Hemmoor (so gut das dort geht) aber echt gut vorbereitet. Wie Equipment-Check und Einstiege vom Boot aus funktionieren und wie man sich bei Strömung an der Oberfläche und während der Deko verhält wurde alles durchgesprochen und durchgespielt und daher hat dann in Kroatien auch alles lässig geklappt.
Als Vorbereitung für den Kurs kann ich nur empfehlen, die Skills aus dem Fundamentals-Kurs zu üben, bis man sie auf einem hohen Niveau kann. Am besten auch alles mal im Freiwasser ohne Referenz bzw. in Formation um eine Bojenleine machen – und nicht die Rettungsübung vergessen.